Dezember 2016

Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (AMLD4-Umsetzungsgesetz)

I. Grundsätzliches

Für den PVD steht die Notwendigkeit zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung außer Frage. Vor diesem Hintergrund stehen der PVD und viele seiner Mitglieder in einem permanenten Austausch mit dem Bundesministerium der Finanzen (BMF), der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und den Strafverfolgungsbehörden. Darüber hinaus haben der PVD und seine Mitglieder in den vergangenen Jahren in enger Abstimmung mit dem BMF und der BaFin zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um die Nutzung von E-Geld für die Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern.

In der Folge dieser Bemühungen hat die Bedeutung von E-Geld für die Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung kontinuierlich abgenommen. Das ergibt sich aus den Jahresberichten des Bundeskriminalamtes. Während in den Jahresberichten des Bundeskriminalamtes für die Jahre 2008 bis 2012 dem E-Geld noch ein hohes Gefährdungspotenzial für strafbare Handlungen zugeschrieben wurde, findet E-Geld in den Jahresberichten für die Jahre 2013, 2014 und 2015 keine spezifische Erwähnung mehr. Die Anzahl der Verdachtsmeldungen in Bezug auf E-Geld werden seit dem Jahr 2013 nicht mehr gesondert ausgewiesen. In Anbetracht der relativ geringen Zahl der Verdachtsmeldungen für Elektronische Zahlungssysteme insgesamt (217 im Jahr 2015) und vor dem Hintergrund, dass E-Geld nur eine Teilmenge der Elektronischen Zahlungssysteme darstellt, kann jedoch der Schluss gezogen werden, dass von E-Geld keine besondere Gefahr des Missbrauchs für strafbare Handlungen mehr ausgeht.

Diese Erfolge sind der engen und effizienten Zusammenarbeit zwischen E-Geld-Emittenten und den Vertriebsstellen (zumeist Einzelhändler) zu verdanken, durch welche die Qualität der Daten über den Vertrieb von E-Geld (Zeitpunkt, Ort etc.) im Laufe der letzten Jahre erheblich verbessert wurde. Diese Daten spielen auch eine zentrale Rolle im Transaktionsmonitoring der E-Geld-Emittenten und leisten so einen Beitrag zur Erkennung und Verhinderung verdächtiger Transaktionen. Die Erfahrung zeigt, dass das Erheben personenbezogener Daten sowie die Identifizierung des Erwerbers von E-Geld durch Einzelhändler demgegenüber – wenn überhaupt – nur einen marginalen Beitrag zur Prävention von Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung leistet. Dies liegt zum einen daran, dass diese Daten nicht direkt in das allgemeine Transaktionsmonitoring einfließen, sondern erst dann abgerufen werden, wenn sich auf Basis des Transaktionsmonitorings Verdachtsfälle ergeben haben. Zum anderen sind in Verdachtsfällen andere Datenquellen, wie etwa die bei der Akzeptanz-/Einlösestelle vorhandenen Daten oder elektronische Fußabdrücke, die bei der Nutzung von E-Geld-Produkten im Internet entstehen, wesentlich besser geeignet, Verdachtsfälle aufzuklären als beim Einzelhändler vorliegende Daten.

Zudem bestehen auch erhebliche praktische sowie datenschutzrechtliche Bedenken gegen die Identifizierung von E-Geld-Erwerbern im Einzelhandel.

  • Viele Einzelhändler sind aufgrund der operativen Abläufe im Einzelhandel (beispielsweise Zeitdruck an der Supermarktkasse) nicht in der Lage, Kundensorgfaltspflichten im geregelten Geschäftsbetrieb mit der erforderlichen Sorgfalt durchzuführen und zu dokumentieren.
  • Ferner ist festzuhalten, dass die Identifizierung des Kunden durch Einzelhändler auch aus Datenschutzgründen problematisch ist, zumal die Bekanntgabe der hierfür notwendigen personenbezogenen Daten in einer Art und Weise erfolgen muss, die sicherstellt, dass diese Daten Dritten nicht bekannt werden. Dies lässt sich aber in vielen Fällen kaum bewerkstelligen, da hierfür streng genommen eigene oder zumindest abgetrennte Räumlichkeiten erforderlich wären um zu verhindern, dass Dritte (zum Beispiel andere an der Kasse wartende Kunden) die im Rahmen der Identifizierung erhobenen Daten optisch oder akustisch wahrnehmen können.

Zudem gibt es auch Bedenken, dass mit dem Sammeln umfangreicher Personendaten und Ausweisdaten beim Einzelhandel auch erhebliche Datensicherheitsprobleme entstehen können, welche den Schutz der personenbezogenen Daten gefährden.

Diese mit der Identifizierung durch Einzelhändler einhergehenden Anforderungen führen für den Einzelhandel zunehmend zu Problemen. Können Einzelhändler von den Kundensorgfaltspflichten nicht weiter absehen, bliebe diesen in den meisten Fällen keine andere Wahl, als den Vertrieb von E-Geld einzustellen.

Demgegenüber können die Kundensorgfaltspflichten durch entsprechend ausgebildetes Fachpersonal der E-Geld-Emittenten und/oder spezialisierter Dienstleister in einem dem Einzelhandelsvorgang zeitlich vor- oder nachgelagerten, aber der Nutzbarkeit des E-Geldes vorgelagerten Prozess, mit einer ungleich höheren Verlässlichkeit gewährleistet werden. In vielen Fällen basieren zum Beispiel wiederaufladbare E-Geld-Produkte darauf, dass diese vor der Nutzung des E-Geld-Produktes durch den Kunden beim E-Geld-Emittenten zu aktivieren sind. Im Rahmen dieses Aktivierungsvorgangs können die Kundensorgfaltspflichten auch in sicherer und professioneller Weise durchgeführt und entsprechend dokumentiert werden. Darüber hinaus bietet die Identifizierung direkt durch den E-Geld-Emittenten den signifikanten Vorteil, dass die hierbei erhobenen Daten direkt in das Datenverarbeitungssystem des E-Geld-Emittenten eingespielt werden und damit unmittelbar für eine Gesamtbetrachtung der Geschäftsbeziehung und für das Transaktionsmonitoring zur Verfügung stehen und genutzt werden können. Dies liegt auch im Interesse der Geldwäscheprävention und Terrorismusbekämpfung.

Konsequenterweise sollte daher von vornherein ausschließlich der E-Geld-Emittent verpflichtet werden; zumindest aber sollte dem Einzelhandel die Möglichkeit verbleiben, die Erfüllung der Kundensorgfaltspflichten durch einen qualifizierten Spezialisten und zeitlich vor oder nach dem Vertrieb eines E-Geld-Produktes vornehmen zu lassen. Der Referentenentwurf sieht dies jedoch bislang nicht vor.

Erschwerend tritt hinzu, dass die im Referentenentwurf vorgesehenen Regelungen teils inkonsistent sind und eine Vielzahl von Auslegungsfragen aufwerfen. Auf dieser Grundlage können die betroffenen Unternehmen die Umsetzung der neuen Anforderungen insbesondere zu den kundenbezogenen Sorgfaltspflichten derzeit nicht rechtssicher vorbereiten.

II. Einzelanmerkungen

1. E-Geld-Distributoren als geldwäscherechtlich Verpflichtete (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5a GwG-RefE)

§ 2 Abs. 1 Nr. 4 und 5a GwG-RefE sieht – wie schon derzeit § 2 Abs. 1 Nr. 2b und 2c GwG – vor, dass E-Geld-Agenten und Vertriebsstellen, die E-Geld für Kreditinstitute vertreiben (im Folgenden für beide: „E-Geld-Distributoren“) neben den E-Geld-Emittenten Verpflichtete im Sinne des Geldwäschegesetzes sein sollen.

Durch die ursprünglichen Regelungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2b und 2c GwG sollte verhindert werden, dass von E-Geld-Emittenten mit Sitz im EU-Ausland emittierte E-Geld-Produkte in Deutschland vertrieben werden, ohne dass für diese Produkte die teilweise strengeren Regelungen des GwG und KWG einzuhalten sind (Regierungsbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Zweiten E-Geld-Richtlinie, BT-Drs. 17/3023, Seite 70). Zudem sollte auf diese Weise auch ein einheitliches Schutzniveau für E-Geld-Produkte auf dem deutschen Markt gewährleistet werden. Gleichzeitig wurde bei diesem Regulierungsansatz aber billigend in Kauf genommen, dass es für Produkte, welche durch in Deutschland ansässige E-Geld-Emittenten emittiert werden, zu einer Doppelverpflichtung nach den deutschen geldwäscherechtlichen Regelungen kommt, da sowohl der E-Geld-Emittent als auch der E-Geld-Distributor selbst Verpflichtete nach deutschem Geldwäscherecht sind.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass diese Verdoppelung von überlappenden Verantwortlichkeiten weder notwendig noch zielführend war (siehe auch Punkt I. dieses Schreibens). Gerade die Verpflichtung von E-Geld-Distributoren als eigenständige Verpflichtete erscheint vor dem Hintergrund eines risikobasierten Regelungsansatzes aus vielerlei Gründen als überschießend. Erwähnt sei hier nur die Tatsache, dass die geldwäscherechtlichen Pflichten gerade im Zusammenhang mit E-Geld auf einer Risiko- und Gefährdungsanalyse im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des einzelnen Produktes sowie dessen Nutzung basieren. Diese kann einzig und allein vom E-Geld-Emittenten vorgenommen werden. Allein dieser ist auch in der Lage, entsprechende interne Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen, um die nicht bestimmungsgemäße Nutzung von E-Geld zu erkennen und zu unterbinden. Der E-Geld-Emittent sollte daher auch für die E-Geld-Distributoren verantwortlich sein. Dies ist auch deckungsgleich mit dem in der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie gewählten Regulierungsansatz.

Zudem sollten im Rahmen einer Neuregelung des Geldwäscherechts auch andere Lösungsansätze erwogen werden, welche geeignet sind, dasselbe Regelungsziel zu erreichen. So zeigt ein Vergleich mit Regelungsansätzen in anderen Mitgliedsstaaten der EU, dass die Anwendbarkeit der nationalen Regelungen auf im Inland vertriebene E-Geld-Produkte auch sichergestellt werden kann, indem E-Geld-Emittenten mit Sitz in anderen Mitgliedsstaaten in den Kreis der Verpflichteten einbezogen werden, wenn sie sich E-Geld-Distributoren im Inland bedienen. Auf diese Weise kann das intendierte Regelungsziel erreicht werden, ohne den Einzelhandel durch zusätzliche Pflichten unverhältnismäßig zu belasten.

Schließlich ist noch zu betonen, dass die Beibehaltung des bisherigen Regulierungsansatzes, wie im Referententwurf vorgeschlagen, auch andere (wohl nicht intendierte) Problemzonen der aktuellen Rechtslage perpetuieren würde. So stellt eine geldwäscherechtliche Verpflichtung von E-Geld-Distributoren beispielsweise auch eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von E-Geld-Distributoren gegenüber den Distributoren anderer Zahlungsverkehrsprodukte (wie z. B. Kreditkarten) dar. Es wäre nicht nachvollziehbar, warum beispielsweise ein Distributor den Erwerber einer im Guthaben geführten Zahlungskarte (= E-Geld) identifizieren muss, den Erwerber einer Kreditkarte (= nicht E-Geld) hingegen nicht.

Aus den vorstehend genannten Gründen plädiert der PVD dafür, die E-Geld-Distributoren aus dem Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten zu streichen. Stattdessen erscheint es nach Auffassung des PVD interessensgerecht, dass jeder E-Geld-Emittent, der über einen E-Geld-Distributor E-Geld im Inland vertreibt, selbst geldwäscherechtlich Verpflichteter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 GwG-RefE sein soll, unabhängig davon, ob er seinen Sitz oder eine Zweigniederlassung im Inland unterhält.

2. Auslöser von kundenbezogenen Sorgfaltspflichten für E-Geld-Distributoren (§ 9 Abs. 6 GwG-RefE)

§ 9 Abs. 6 GwG-RefE sieht vor, dass für E-Geld-Distributoren § 25i Abs. 1, 2, 4 und 5 KWG-RefE [Anmerkung: Bei dem Verweis auf Absatz 5 handelt es sich offenbar um ein Redaktionsversehen] entsprechend gelten soll.

Wie bereits zu Punkt II.1. ausgeführt, erscheint es aus Sicht des PVD angesichts der aufgezeigten Alternativen weder erforderlich noch ratsam an einer eigenständigen geldwäscherechtlichen Verpflichtung des E-Geld-Distributors bei der Ausgabe von E-Geld festzuhalten und die damit einhergehenden Probleme zu perpetuieren. Die gegenständliche Regelung sollte daher aus Sicht des PVD gestrichen werden.

Sollte die Regelung beibehalten werden, so ist auf folgende Schieflage hinzuweisen:

§ 9 Abs. 6 GwG-RefE verweist generell darauf, dass E-Geld-Distributoren die Sorgfaltspflichten für E-Geld nach § 25i KWG-RefE einzuhalten haben. Das würde bedeuten, dass E-Geld-Distributoren bei der Ausgabe, dem Vertrieb und dem Rücktausch von E-Geld alle kundenbezogenen Sorgfaltspflichten erfüllen müssen – und zwar unabhängig davon, ob sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Bargeld annehmen oder nicht.

Demgegenüber sieht § 9 Abs. 4 GwG-RefE vor, dass Verpflichtete nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 bis 5 GwG-RefE bei der Erbringung von Zahlungsdiensten nur dann und auch nur bestimmte kundenbezogene Sorgfaltspflichten erfüllen müssen, wenn sie Bargeld annehmen. Hierin liegt eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende und durch die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie auch nicht vorgegebene Ungleichbehandlung. Die Regelungssystematik hätte z. B. zur Folge, dass

  • ein Einzelhändler, der als Agent im Sinne von § 1 Abs. 7 ZAG einen weiterzuleitenden Zahlungsbetrag unbar von einem Zahler entgegennehmen würde, der z. B. nach Saudi Arabien überwiesen wird, grundsätzlich keine kundenbezogene Sorgfaltspflichten erfüllen müsste,
  • derselbe Einzelhändler, der denselben Betrag ebenfalls unbar zum Zwecke der Aus gabe von E-Geld entgegennehmen würde, kundenbezogene Sorgfaltspflichten erfüllen müsste auch wenn das E-Geld (z. B. eine Prepaid-MasterCard) ausschließlich zum Erwerb von Häkelgarn bei einem deutschen Einzelhändler verwendet wird.

Aus den vorstehend genannten Gründen plädiert der PVD dafür, den § 9 Abs 6 GwG-RefE zu streichen bzw. alternativ, den Anwendungsbereich von § 9 Abs. 6 GwG-RefE auf Fälle zu beschränken, in denen der E-Geld-Distributor Bargeld annimmt.

3. Umfang der vereinfachten Sorgfaltspflichten (§ 13 Abs. 2 GwG-RefE)

§ 13 Abs. 2 GwG-RefE regelt, welche Möglichkeiten Verpflichtete bei der Anwendbarkeit vereinfachter Sorgfaltspflichten haben. Da die dort enthaltene Aufzählung offenbar abschließend sein soll, sollte als weitere Möglichkeit ergänzt werden, dass die allgemeinen Sorgfaltspflichten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können, der aber jedenfalls vor der Durchführung der ersten Transaktion liegen muss. Damit könnte beim Vertrieb von E-Geld über Einzelhändler die Erfüllung der allgemeinen Sorgfaltspflichten von der Verkaufsstelle entkoppelt werden. Dies würde dabei helfen, die Geschäftsabläufe im Einzelhandel nicht durch zeitaufwändige Sorgfaltsmaßnahmen zu behindern. Zudem würde dies die Qualität der Durchführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten erhöhen, weil die zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführten Sorgfaltspflichten von Personen erfüllt werden könnten, die in der Regel über ein höheres Maß an einschlägiger Sachkunde verfügen als Kassenpersonal bei Einzelhändlern. Die Vierte EU-Geldwäscherichtlinie sieht diese Möglichkeit auch bei der Pflicht zur Anwendung voller (oder gar verstärkter Sorgfaltspflichten) in Art. 14 Abs. 3 bei der Eröffnung von Bankkonten vor. Insofern ist diese Erleichterung bei der Anwendbarkeit vereinfachter Sorgfaltspflichten erst recht mit der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie vereinbar.

Aus den vorstehend genannten Gründen plädiert der PVD dafür, in § 13 Abs. 2 Satz 1 GwG-RefE eine weitere Nummer einzufügen, nach der die zeitliche Verschiebung der allgemeinen Sorgfaltspflichten auf einen späteren Zeitpunkt möglich ist, wobei dieser Zeitpunkt aber jedenfalls vor der Durchführung der ersten Transaktion liegen muss.

4. Absehen von kundenbezogenen Sorgfaltspflichten beim E-Geld-Geschäft (§ 25i Abs. 2 KWG-RefE)

§ 25i Abs. 2 KWG-RefE regelt die Voraussetzungen, unter denen in den Fällen von § 25i Abs. 1 KWG-RefE von den Pflichten nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GwG-RefE abgesehen werden kann. Auch wenn hierbei im Wesentlichen der Wortlaut von Art. 12 der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie wiederholt wird, resultieren aus der Vorschrift zahlreiche Auslegungsfragen, die im Rahmen der Gesetzesbegründung klargestellt werden sollten

a) „Ausgabe“ und „Vertrieb“ im Sinne von § 25i Abs. 1 KWG-RefE
Die Begriffe „Ausgabe“ und „Vertrieb“ in Bezug auf E-Geld lassen Auslegungsspielräume zu. E-Geld ist nach § 1a Abs. 3 Satz 1 ZAG ein monetärer Wert in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten. Insofern können eine „Ausgabe“ und ein „Vertrieb“ erst dann und nur dann vorliegen, wenn eine Handlung eines Verpflichteten zu der Begründung einer Forderung gegen den Emittenten führt. Das ist bei der Entgegennahme eines Geldbetrages zum Zwecke der Aufladung eines E-Geld-Kontos der Fall, nicht jedoch bei der bloßen Bewerbung von E-Geld-Produkten oder dem Verkauf von „leeren“ Plastikkarten oder anderen Datenträgern, auf denen theoretisch E-Geld gespeichert werden könnte (z. B. USB-Sticks, Festplatten, Flash-Speicher). Gleichwohl hat sich die BaFin gegenüber Vertretern des PVD in der Vergangenheit auf den Standpunkt gestellt, dass auch die Bewerbung von E-Geld-Produkten (z. B. durch Austeilen durch Werbeflyern) und der Verkauf „leerer“ Plastikkarten (die nichts anderes sind als Datenträger) geldwäscherechtliche Sorgfaltspflichten auslösen soll. Abgesehen davon, dass dies mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen ist (weil in diesem Fall noch kein E-Geld vorliegt), ist auch nicht ersichtlich, welche Gefahr der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung von der Ausgabe eines Werbeflyers oder einer „leeren“ Plastikkarte ausgehen soll. Somit wäre ein Anknüpfen von geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten an die vorstehend genannten Handlungen verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.

Vor diesem Hintergrund plädiert der PVD für eine Klarstellung, dass mit den Begriffen „Ausgabe“ und „Vertrieb“ Handlungen eines Verpflichteten gemeint sind, die zu der Begründung einer Forderung gegen den Emittenten führen, nicht hingegen die Bewerbung eines E-Geld-Produktes oder der Verkauf „leerer“ Plastikkarten oder sonstiger Datenträger.

b) „Zahlungsinstrument“ im Sinne von § 25i Abs. 2 Nr. 1, 3 und 4 KWG-RefE
Im deutschen Markt gibt es E-Geld-Produkte, die in mehreren Produktstufen erhältlich sind. Hierbei wird zwischen Produktstufen differenziert, die derzeit den Anforderungen des § 25n Abs. 2 KWG entsprechen (und bei denen von der Erfüllung von kundenbezogenen Sorgfaltspflichten abgesehen wird) und solchen Produktstufen, bei denen nach der Erfüllung aller kundenbezogenen Sorgfaltspflichten die Produktfunktionalitäten erweitert werden. Dieses Modell basiert darauf, dass ein Zahlungsinstrument nach Maßgabe des § 25n KWG an den Kunden abgegeben wird, wobei die Nutzungsmöglichkeiten des Zahlungsinstruments zunächst im Rahmen der Vorgaben des § 25n Abs. 2 KWG bleiben. Auf diese Weise wird der Zugang zu Produkten mit geringem Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erleichtert und dem Kunden die Möglichkeit gegeben, neue E-Geld-Produkte zu nutzen. Wünschen Kunden weitere Nutzungsmöglichkeiten des Zahlungsinstrumentes, so können diese nach vorheriger Durchführung der kundenbezogenen Sorgfaltspflichten aktiviert werden, ohne dass hierbei das an den Kunden bereits ausgegebene Zahlungsinstrument (z. B. eine Plastikkarte) ausgetauscht werden muss.

Würde man nun das Unterfallen eines Zahlungsinstruments unter die Merkmale des § 25i Abs. 2 KWG-RefE davon abhängig machen, dass ein solches Zahlungsinstrument in keinem Fall weitere potentielle Produktmerkmale aufweisen dürfte, müssten die betroffenen E-Geld-Emittenten, die von § 25i Abs. 2 KWG-RefE Gebrauch machen wollen, das Medium austauschen, wenn eine Produktstufe aktiviert werden soll, die nicht mehr unter § 25i Abs. 2 KWG-RefE fällt. Dies würde zu unnötigen Kosten führen, wobei ein Nutzen für die Zwecke der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nicht erkennbar ist.

Vor diesem Hintergrund plädiert der PVD für eine Klarstellung, dass sich die Anforderungen des § 25i Abs. 2 KWG-RefE auf die Produktmerkmale des Zahlungsinstruments im Zeitpunkt der Abgabe beziehen, ungeachtet potentieller zukünftiger Nutzungsmöglichkeiten, die
technisch nach erfolgreicher Durchführung der kundenbezogenen Sorgfaltspflichten verfügbar gemacht werden können.

c) „Kauf von Waren und Dienstleistungen“ im Sinne von § 25i Abs. 2 Nr. 3 KWG-RefE
Es ist unklar, ob es nach § 25i Abs. 2 Nr. 3 KWG-RefE auch möglich sein soll, mit E-Geld auch Gutscheine für Waren und Dienstleistungen erwerben zu können, ohne die Möglichkeit zu verlieren, die Ausnahmevorschrift des § 25i Abs. 2 KWG-RefE nutzen zu können. Bei dem Erwerb von Gutscheinen handelt es sich um den Erwerb einer Forderung. Mit der Beschränkung auf den „Kauf von Waren und Dienstleistungen“ in § 25i Abs. 2 Nr. 3 KWG-RefE ist aber nach Auffassung des PVD nicht gemeint, dass der Erwerb von Gutscheinen ausgeschlossen werden soll. Gemeint ist damit vielmehr, dass die Nutzung eines E-Geld-Produktes zu Direktzahlungen an andere E-Geld-Inhaber („P2P-Zahlungen“) oder am Geldausgabeautomaten ausgeschlossen sein muss.

Vor diesem Hintergrund plädiert der PVD für eine Klarstellung, dass von dem „Kauf vonWaren und Dienstleistungen“ im Sinne von § 25i Abs. 2 Nr. 3 KWG-RefE auch der Erwerb von Gutscheinen umfasst ist, die zum Erwerb von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können.

d) „kann nicht“ im Sinne von § 25i Abs. 2 Nr. 4 KWG-RefE
Es ist unklar, ob es nach § 25i Abs. 2 Nr. 4 KWG-RefE ausreicht, dass der Erwerb von E-Geld mittels anonymen E-Geldes durch organisatorische (z. B. Schulung, Kontrollen) und vertragliche Maßnahmen (z. B. vertragliche Verpflichtung der E-Geld-Distributoren durch die E-Geld-Emittenten) verhindert wird. Man könnte die Vorschrift auch so verstehen, dass der Erwerb von E-Geld mittels anonymen E-Geldes technisch ausgeschlossen sein muss. Eine technische Sicherstellung ist jedoch mit einem vertretbaren Aufwand nicht möglich, weil dafür jedes Kassensystem eines Einzelhändlers, der E-Geld vertreiben möchte, angepasst werden müsste. Das liegt daran, dass im Falle des Verkaufs eines E-Geld-Produktes das Kassensystem des Einzelhändlers erkennen müsste, dass es sich bei dem Produkt, das gerade verkauft wird, um E-Geld handelt. Gleichzeitig müsste das Zahlungsverkehrssystem des Einzelhändlers erkennen, dass es sich bei einer zur Bezahlung dieses Vorgangs genutzten Zahlungskarte um anonymes E-Geld handelt. Schließlich müsste zwischen dem Kassensystem und dem Zahlungsverkehrssystem eine (derzeit nicht vorhandene) Datenverarbeitungsschnittstelle geschaffen werden, die zwischen beiden Vorgängen einen Zusammenhang erkennt und den Verkauf unterbindet.

Der hierdurch entstehende Aufwand würde die Ertragschancen nahezu aller Einzelhändler, die aus dem Vertrieb von E-Geld resultieren, bei weitem übersteigen. Da eine Durchführung kundenbezogener Sorgfaltspflichten an Handelskassen in vielen Fällen nicht praktikabel ist, würde den betroffenen Einzelhändlern in den meisten Fällen keine andere Wahl bleiben als den Vertrieb von E-Geld einzustellen. Damit würde die Interpretation von „kann nicht“ als Pflicht zur technischen Sicherstellung einem faktischen Stopp des Vertriebs von E-Geld über den deutschen Einzelhandel gleichkommen.

Vor diesem Hintergrund plädiert der PVD für eine Klarstellung, dass der Begriff „kann nicht“ in § 25i Abs. 2 Nr. 4 KWG-RefE so zu verstehen ist, dass auch die Ergreifung geeigneter und angemessener organisatorischer und vertraglicher Maßnahmen zur Verhinderung des Erwerbs von E-Geld mittels anonymen E-Geldes hierunter fällt.