Ein Beitrag von Christian Walz, Rechtsanwalt und Partner bei ANNERTON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.
Wortart: | Substantiv, maskulin |
Gebrauch: | Wirtschaft |
Häufigkeit: | – – – – – |
Worttrennung: | Dis | tri | bu | tor |
Bedeutung: | Vertriebsgesellschaft, Vertrieb und Rücktausch (von E-Geld) |
Was macht eigentlich ein Distributor (von E-Geld)?
Kaum ein Begriff im Kontext der Regulierung des Zahlungsverkehrs hat in den vergangenen Jahren mehr Auslegungsschwierigkeiten bereitet, als der Begriff des Distributors (von E-Geld). Das liegt zunächst einmal daran, dass es der EU-Gesetzgeber bis heute versäumt hat, diesem Begriff eine Definition zu spendieren. Zu allem Überfluss hat der EU-Gesetzgeber dem Begriff in verschiedenen Gesetzestexten auch noch unterschiedliche deutsche Übersetzungen verpasst. In der Delegierten Verordnung (EU) 2017/2055 ist beispielweise die Rede vom „Vertreiber“ (kein Spaß!). Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit ist umso praxisrelevanter als an den Einsatz von Distributoren durch E-Geld-Emittenten geldwäsche- und aufsichtsrechtliche Pflichten geknüpft sind. Das ist Grund genug für uns, dass wir uns heute einmal etwas intensiver dem Begriff des Distributors widmen möchten.
Anknüpfung an die Zweite E-Geld-Richtlinie
Weitgehende Einigkeit besteht mittlerweile wohl darüber, dass mit dem Begriff des Distributors die Personen gemeint sind, die in Art. 3 Abs. 4 der Zweiten E-Geld-Richtlinie genannt sind. Das sind natürliche und juristische Personen, die im Namen (in der englischen Sprachfassung dieser Vorschrift „on behalf“) eines E-Geld-Instituts beim Vertrieb und Rücktausch von E-Geld tätig sind. Auch die in den Entwürfen der PSD3 und PSR enthaltenen Definitionen des Begriffs gehen in diese Richtung. Damit wissen wir zumindest schon einmal, dass ein Distributor jemand ist, der sich für einen Dritten um den Vertrieb oder den Rücktausch von E-Geld kümmert. So weit, so gut.
Tätigwerden im Namen eines E-Geld-Instituts
Nicht eindeutig ist, welche Voraussetzungen vorliegen müssen, damit ein Distributor im Namen (oder „on behalf“) eines E-Geld-Instituts handelt. Das liegt vermutlich daran, dass der englische Begriff „on behalf“ interpretationsbedürftig ist. Er kann zum einen als Handeln „im Namen“ eines Dritten (also als Stellvertreter des Dritten) interpretiert werden. Man kann den Begriff aber auch mit „im Auftrag“ eines Dritten übersetzen. Den letztgenannten Ansatz verfolgt offenbar die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA). Diese schreibt im Single Rulebook, dass das Erfordernis „to act on behalf“, bedeutet, dass der Vertrieb und der Rücktausch von E-Geld nur von Personen durchgeführt werden darf, die in einem direkten Vertragsverhältnis mit dem E-Geld-Institut stehen. Ein Distributor könne aber, so die EBA weiter, Dritte als Untervertragspartner in den Vertrieb von E-Geld einbinden. Die Ausführungen der EBA lesen sich dabei so, dass diese Untervertragspartner keine Distributoren sind, weil sie keine Vertragsbeziehung mit dem E-Geld-Institut unterhalten.
Distributoren in der Vertriebspraxis von E-Geld
Auf der Grundlage der Ausführungen der EBA ist ein Distributor eine Person, die auf der Grundlage eines direkten Vertrages mit dem E-Geld-Institut E-Geld dieses E-Geld-Instituts vertreibt oder rücktauscht. Personen, die keinen Vertrag mit dem E-Geld-Institut haben, sind nach dieser Definition keine Distributoren. Unter Zugrundelegung der Vertriebspraxis bei E-Geld-Produkten wären Distributoren damit in erster Linie diejenigen Vertriebsunternehmen, die als Vertragspartner des E-Geld-Instituts entweder selbst oder über ihr Vertriebsnetzwerk E-Geld vertreiben oder zurücktauschen. Die Mitglieder des Vertriebsnetzwerkes (in der Regel Einzelhandelsunternehmen) hingegen wären keine Distributoren, wenn sie keinen Vertrag mit dem E-Geld-Institut unterhalten würden. Solche Einzelhändler können aber E-Geld-Agenten im Sinne des deutschen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes sein, weil nach dem deutschen Rechtsverständnis der E-Geld-Agent nicht zwingend einen Vertrag mit dem E-Geld-Institut unterhalten muss.
Unser Wunsch an den Gesetzgeber
Das klingt kompliziert? Ist es leider auch. Daher wünschen wir uns vom EU-Gesetzgeber, dass er dem derzeit existierenden Begriffswirrwarr den Garaus macht und den Begriff des Distributors klar definiert und von den weiteren Mitgliedern von Vertriebsketten abgrenzt. Damit würde auch der deutsche Begriff des E-Geld-Agenten, der derzeit neben allen weiteren Begriffen steht, hinfällig werden.