April 2016

Positionspapier zur Überarbeitung der Geldwäscherichtlinie

Der Prepaid Verband Deutschland e.V. (PVD), Branchenverband der Prepaid-Industrie, begrüßt ausdrücklich das regulatorische Ziel des europäischen Gesetzgebers, dem mutmaßlichen Missbrauch von E-Geld Produkten zum Zwecke der Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung durch eine Begrenzung der Nutzungsmöglichkeiten konsequent vorzubeugen. Die 2015 verabschiedete 4. Geldwäscherichtlinie führt gegenüber der derzeit gültigen Geldwäschegesetzgebung bereits zu einer erheblichen Einschränkung der Nutzung der anonymen E-Geld Produkte. Ohne die Auswirkungen dieser Verschärfung abzuwarten, hat die Europäische Kommission am 5. Juli 2016 einen Vorschlag zur Überarbeitung der 4. Geldwäscherichtlinie vorgelegt, der über das verfolgte Ziel jedoch hinausschießt. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht in Artikel 12 Abs. 2 vor, den Mitgliedstaaten künftig die Möglichkeit zu verwehren, Anbieter von E-Geld Produkten von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu entbinden, sollte das E-Geld Produkt für eine „Online-Zahlung“ genutzt werden. Bei konsequenter Umsetzung dieser Vorgabe durch die Mitgliedstaaten kommt der Vorschlag einem Verbot des Einsatzes nicht identifizierter E-Geld Produkte im E-Commerce gleich. Anonymes bargeldloses Bezahlen im Internet wäre demnach selbst im Kleinstbetragsbereich weitgehend faktisch unmöglich.

Der Vorschlag der EU-Kommission hätte nicht nur gravierende negative Auswirkungen auf den Handel und die Prepaid-Branche. Er trägt auch nicht zur Erreichung des gesteckten Ziels bei und widerspricht der eigentlichen Intention der Richtlinie. Die geplante Gesetzesänderung des Artikel 12 Abs. 2 lässt das tatsächliche Missbrauchsrisiko von E-Geld Produkten weitestgehend außer Acht und unterstellt diesen pauschal ein hohes Gefahrenpotenzial. Dies ist weder sachgemäß noch verhältnismäßig und hebelt den von der Richtlinie verfolgten risikobasierten Ansatz in Teilen aus. Europäische E-Geld Emittenten haben bereits heute umfassende Maßnahmen zur Risikominimierung implementiert, die bei der Risikobewertung ebenso zu berücksichtigen sind wie die Tatsache, dass viele Online-Zahlungen mit E-Geld im unbedenklichen Kleinstbetragsbereich vorgenommen werden.Insbesondere im Internet durchgeführte Zahlungen sind aufgrund des hinterlassenen digital footprints gut nachzuvollziehen. Der von der EU-Kommission vorgelegte Gesetzentwurf schwächt jedoch regulierte, legale Bezahlmethoden und führt zu einem Abwandern der Nutzer in den unregulierten, illegalen Bereich. Verbraucher werden verstärkt zu Produkten und Bezahloptionen greifen, die keinerlei Sorgfaltspflichten unterliegen. Auch beim Einkauf im Internet haben sich die Verbraucher daran gewöhnt, kleinere Beträge schnell, einfach und ohne aufwändige Identifizierungsmaßnahmen begleichen zu können.

Der PVD setzt sich für die Beibehaltung der Möglichkeit ein, geringe Summen auch im Internet anonym und unter Wahrung der persönlichen Integrität bezahlen zu können. Mit Blick auf den nicht vorhandenen Mehrwert in Sachen Terrorismusbekämpfung, auf die fehlende Verhältnismäßigkeit sowie auf die Innovationsfeindlichkeit der vorgeschlagenen Änderung des Artikels 12 Abs. 2 lehnt der PVD diese ab. Der PVD regt daher die Streichung des Einschubes „either of online payment or“ in besagtem Artikel des Richtlinienentwurfes der EU-Kommission an.

Appendix

Risikobasierten Ansatz konsequent verfolgen

Am 5. Juli 2016 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag zur Überarbeitung der noch nicht umgesetzten 4. Geldwäscherichtlinie vorgelegt. Dieser Entwurf sieht die Abschaffung der Möglichkeit vor, geldwäscherechtlich Verpflichtete von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zu entbinden, sofern ein E-Geld Produkt für Online-Zahlungen genutzt wird. Bisher ist es den Mitgliedstaaten gemäß dem risikobasierten Ansatz gestattet, Ausnahmen von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten zuzulassen, wenn ein E-Geld Produkt geringes Risiko der Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung trägt. Die im Richtlinienentwurf der EU-Kommission vorgesehene teilweise Abkehr vom risikobasierten Ansatz in Bezug auf E-Geld Produkte verfolgt der PVD mit größter Sorge. Ob eine Zahlung online oder im stationären Handel vorgenommen wird, ist in der jeweiligen Risikobewertung zu berücksichtigen und sollte kein pauschales Ausschlusskriterium seitens des Gesetzgebers sein.

Die Annahme, dass bei Online-Zahlungen mit E-Geld per se ein hohes Risiko vorherrscht, ist unsachgemäß und nicht durch Tatsachen belegt. Die bisherigen Erfahrungen haben vielmehr gezeigt, dass angemessene Betragslimits genügen, um das tatsächliche Gefahrenpotenzial von E-Geld, insbesondere beim Einsatz im Internet, hinreichend zu reduzieren. So stellen beispielsweise die Jahresberichte der Financial Intelligence Unit (FIU) des Bundeskriminalamts seit der Einführung strenger Betragslimits in Deutschland im Jahr 2011 fest, dass sich Verdachtsmeldungen im Bereich elektronischer Zahlungssysteme auf einem sehr niedrigen Niveau bewegen. Auch die britische Regierung bescheinigt in ihrer nationalen Risikobewertung aus dem Oktober 2015 E-Geld Produkten ein geringes Risiko, zum Zwecke der Terrorismusfinanzierung missbraucht zu werden.

Zwar soll es den Mitgliedstaaten nach Artikel 15 der EU-Geldwäscherichtlinie weiterhin möglich sein, auch bei Internet-Zahlungen mit E-Geld Produkten die Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten zu gewähren. Diese Regelung beinhaltet jedoch weitgehende Interpretationsspielräume, so dass hierdurch keine einheitliche Handhabung in den Mitgliedsstaaten (level playing field) geschaffen wird. Daher sollte unter allen Umständen an der Möglichkeit festgehalten werden, bei einem geringen Risiko auch Anbieter von E-Geld Produkten, die zur Nutzung im Internet bestimmt sind, von bestimmten Sorgfaltspflichten vollständig und generell ausnehmen zu können. Dies gilt vor allem für die Pflicht zur Feststellung und Überprüfung der Identität des Kunden und des wirtschaftlich Berechtigten. Der PVD setzt sich daher für eine konsequente Anwendung des risikobasierten Ansatzes bei der Regulierung von E-Geld ein. Nur so werden die unterschiedlichen Produkte ihrem tatsächlichen Risiko nach behandelt und unsachgemäße Verbote vermieden.

Europäische E-Geld Emittenten haben die Risiken im Griff

Die bereits heute implementierten Maßnahmen zur Risikominimierung der regulierten E-Geld Emittenten sind im Zusammenspiel mit vernünftigen Speicherobergrenzen ausreichend, um den Missbrauch von E-Geld Produkten zum Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung effektiv zu bekämpfen. Engmaschige Transaktionsmonitoring-Systeme und betragliche Höchstgrenzen sind nur einige der Maßnahmen, die bereits heute zu einer effektiven Risikominimierung führen, ohne aufwändige und teure Kundenidentifizierungsmaßnahmen im Kleinstbetragsbereich durchzuführen. Insbesondere mittels des durchgeführten Transaktionsmonitorings sind E-Geld Emittenten in der Lage, verdächtige Transaktionen in Echtzeit aufzuspüren und umgehend zu melden. Die Kosten für den Identifizierungsvorgang stünden in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Zusatznutzen der gesammelten Daten.

Identifizierungspflicht befördert Abwandern in unregulierte Märkte

Der von der EU-Kommission unterbreitete Vorschlag trägt aus den vorstehend genannten Gründen nicht nur wenig zur Zielerreichung bei. Er befördert sogar das Abwandern der Nutzer in unregulierte, illegale Bereiche. Stehen Verbrauchern nicht länger regulierte und in der Handhabung unkomplizierte E-Geld Produkte zur Verfügung, die Datensparsamkeit und persönliche Integrität garantieren, werden die Nutzer vermehrt zu unregulierten, illegalen Bezahlverfahren greifen, bei denen keine Maßnahmen zur Reduzierung der Risiken der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ergriffen werden. Der europäische Gesetzgeber versucht zwar, mittels Einfügung eines neuen Absatzes 3 in Artikel 12 der Richtlinie eine Umgehung zu unterbinden. Dieser besagt, dass Zahlungen mit E-Geld Produkten aus Drittstaaten nur dann von europäischen Banken und Finanzinstituten (Acquirer) akzeptiert werden dürfen, wenn die im Drittstaat ausgegebene Guthabenkarte gleichwertige Voraussetzungen erfüllt wie das innerhalb der EU herausgegebene Produkt. In der Praxis ist diese Vorgabe jedoch kaum kontrollierbar. Zudem verkennt der diesbezüglich unterbreitete Vorschlag, dass es bei unregulierten, illegalen Bezahlverfahren keine in der EU regulierten Acquirer gibt.

Neben einem Abwandern zu unregulierten, illegalen Angeboten ist ebenfalls ein Ausweichen auf Bargeld zu befürchten. Bereits heute gibt es Angebote im Internet, wie beispielsweise CASHWAY in Frankreich, welche die Bezahlung eines im Online-Shop erworbenen Produktes oder einer Dienstleistung zu einem späteren Zeitpunkt mit Bargeld bis zu einem Betrag von 999,99 Euro ermöglichen. Hierfür ist weder eine Registrierung noch eine Kundenidentifizierung notwendig. Nutzer könnten sich also von gut nachvollziehbaren digitalen Zahlungsoptionen abwenden und andere Wege suchen, ihre Rechnungen bequem und ohne aufwändige Identifizierungsmaßnahmen zu begleichen. Das Ziel einer besseren Kontrolle von Finanzströmen wird somit unterminiert. Eine Umsetzung des Kommissionsvorschlages schadet regulierten E-Geld-Emittenten nachhaltig zu Gunsten niedrigschwelliger Angebote, weshalb die avisierten Änderungen des Artikels 12 Abs. 2 als ungeeignet und unverhältnismäßig abzulehnen sind. Nur bei gleichen Wettbewerbsbedingungen und Investitionssicherheit für alle Marktteilnehmer können Produktinnovationen und die Fortentwicklung des Marktes garantiert werden.

Digitale Bezahlmethoden und Datenschutz stärken

Der Vorschlag der EU-Kommission ist ein Innovationshemmnis für Zahlungsinstrumente, die speziell für den Einsatz im Internet und im E-Commerce konzipiert wurden. Eine derartige Wettbewerbsverzerrung und Benachteiligung digitaler Bezahlmethoden gilt es auch mit Blick auf den wachsenden Handelsplatz Internet und die voranschreitende Digitalisierung der Gesellschaft zu vermeiden. Die vorgeschlagene Maßnahme widerspricht auch dem europäischen Ziel, die Vollendung eines modernen und rechtlich kohärenten Zahlungsverkehrsraums im Binnenmarkt herbeizuführen. Unsachgemäße Verbote sollten kein Hindernis beim Zugang zu digitalen Waren und Gütern sein und der technologischen Entwicklung nicht im Wege stehen.

Eine Identifizierungspflicht für Online-Zahlungen (nur mittels E-Geld) ab dem ersten Euro ist auch aus verbraucher- und datenschutzrechtlicher Sicht höchst bedenklich. Redliche Nutzer könnten kleinere Transaktionen nicht mehr länger anonym im Internet ausführen.Dies steht unseres Erachtens in Konflikt mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und verwehrt es Verbrauchern, ihre persönlichen Daten auch im Internet effektiv schützen zu können. Zahlungen in unbedenklichen Höhen müssen aus Sicht des PVD daher auch weiterhin unter Wahrung der persönlichen Integrität möglich sein.

Fazit

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Abschaffung des Schwellenwertes für den Einsatz nicht identifizierter E-Geld Produkte für Online-Zahlungen wird kaum einen Mehrwert im Kampf gegen Terrorismusfinanzierung mit sich bringen und steht nicht im Einklang mit dem risikobasierten Ansatz. Sie hätte jedoch weitreichende negative Folgen für den gesamten E-Geld-Markt und setzt die Existenz innovativer Bezahlmöglichkeiten aufs Spiel. Mit Blick auf den geringen tatsächlichen Nutzen und die fehlende Verhältnismäßigkeit ist die vorgeschlagene Maßnahme abzulehnen. Die Möglichkeit zur anonymen Bezahlung kleiner Beträge im Internet sollte unbedingt beibehalten werden. Der PVD plädiert daher für eine Streichung des Einschubes „either of online payment or“ in Artikel 12 Abs. 2 des vorgelegten Richtlinienentwurfes.