Oktober 2019

Stellungnahme des Bundesverband Deutsche Startups e. V., des bcsd und des PVD zum Jahressteuergesetz

Anlässlich der parlamentarischen Beratungen zum „Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (im Folgenden „Jahressteuergesetz“) möchten der Prepaid Verband Deutschland e.V. (PVD), der Bundesverband Deutsche Startups e.V. und die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (bcsd e.V.) auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Klarstellung in Bezug auf die Anwendung der sog. „44-Euro-Freigrenze“ bei Guthabenkarten nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG eingehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit seinem Urteil VI 27/09 vom 11.11.2010 Klarheit geschaffen, dass Guthabenkarten, die lediglich den Bezug von Waren und Dienstleistungen und keine Auszahlung der Leistung in bar ermöglichen, als Sachbezug anzuerkennen sind. Dies sollte unseres Erachtens unbedingt auch über die Definition des Sachbezugbegriffes gesetzlich manifestiert werden. Denn jüngste Entwicklungen in diesem Bereich haben zu einer Rechtsunsicherheit geführt, die ohne weitere Handlungsschritte zu einer uneinheitlichen Anwendungspraxis oder gar einer nicht intendierten weitgehenden Abschaffung der 44-Euro-Freigrenze für Guthabenkarten führen könnte.

Eine im Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz vorgesehene Einschränkung des Anwendungsbereiches der 44-Euro-Freigrenze für Guthabenkarten wurde aus dem Regierungsentwurf wieder gestrichen, damit – derzeit rund 6 Millionen – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch weiterhin von dieser unkomplizierten Möglichkeit der Sachleistungszuwendung profitieren können. Kurze Zeit nach der Entscheidung der Bundesregierung, die vorgeschlagene Einschränkung des Anwendungsbereiches nicht weiterzuverfolgen, wurde ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 4.7.2018 (VI R 16/17) im Bundessteuerblatt II veröffentlicht. In diesem Urteil behandelt der BFH die Frage nach der steuerrechtlichen Behandlung (Sach- oder Barzuwendung) von Zuschüssen des Arbeitgebers für eine private Zusatzkrankenversicherung seiner Arbeitnehmer.

Zwar geht der BFH darin auch auf Gutscheine und Geldkarten ein, dies geschieht jedoch lediglich obiter dictum in den Entscheidungsgründen und nicht in den Leitsätzen. Eine Änderung der bisherigen BFH-Rechtsprechung in Bezug auf Guthabenkarten ist an dieser Stelle keineswegs zu erkennen. Nichtsdestotrotz hat die Veröffentlichung des Urteils zu Rechtsunsicherheit geführt, da manche Teile der Finanzverwaltung die Veröffentlichung offenbar in einer Weise interpretieren, die ein Aberkennen von Guthabenkarten als Sachbezug rechtfertigt. Diese veränderte Anwendungspraxis in Bezug auf Guthabenkarten ist nach Ansicht der unterzeichnenden Verbände unzulässig, da sie nicht vom kürzlich veröffentlichten BFH-Urteil gedeckt wird. Zu diesem Ergebnis kommt auch ein Rechtsgutachten der Steuerrechtsexpertin Dr. Marie-Theres Rämer.

Die derzeitige Entwicklung, die die Sachbezugsgewährung mithilfe von Guthabenkarten in Frage stellt, birgt nicht nur die Gefahr wirtschaftlicher Nachteile für rund 6 Millionen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland. Ähnlich wie der anfänglich im Referentenentwurf enthaltene Vorschlag zur Einschränkung der 44-Euro-Freigrenze, der auf Kosten deutscher Innenstädte zu einer stärkeren Nutzung von Gutscheinen von Onlinehändlern wie z. B. Amazon geführt hätte, kann eine aus Unsicherheit resultierende uneinheitliche Auslegung zu weiteren Umsatzrückgängen – und damit Steuerausfällen – vor allem kleiner und mittelständischer Unternehmen führen. Auch wären die City-Cards, die im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze sehr beliebt bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind, dann möglicherweise nicht mehr einsetzbar.

Um die 44-Euro-Freigrenze für Guthabenkarten im Sinne von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch langfristig zu erhalten sowie Rechtssicherheit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wiederherzustellen, halten wir eine gesetzliche Klarstellung für unbedingt notwendig. Auch der Bundesrat spricht sich für eine entsprechende Klarstellung aus und drängt in seiner Stellungnahme zum Jahressteuergesetz vom 20. September 2019 (BR- Drucksache 356/19(B)) auf eine klare gesetzliche Regelung, um eine uneinheitliche Anwendungspraxis zu vermeiden.

Wir unterstützen ausdrücklich eine gesetzliche Regelung, die klarstellt, dass Prepaid-Karten, die nur zum Erwerb von Waren und Dienstleistungen genutzt werden können und keine Auszahlung in Bargeld zulassen, auch weiterhin im Rahmen der 44-Euro-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG ausgegeben werden können.