Mai 2019

Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (EU 2018/843)

1. Anpassung des Maximalbetrages für Fernzahlungsvorgänge an EU-Vorgabe

Die in Artikel 2 Nr. 3 des Gesetzesentwurfes vorgeschlagene Änderung des § 25i Absatz 2 Satz 1 Nummer 6 Kreditwesengesetz (KWG) sieht einen maximale Transaktionsbetrag von 20 Euro für Fernzahlungsvorgänge vor, sollte das verpflichtete Unternehmen gemäß § 25i Absatz 2 KWG von der Ausnahmeregelung in Bezug auf E-Geld Gebrauch machen und daher von der Erfüllung der Allgemeinen Sorgfaltspflichten absehen. Dieser Betrag liegt deutlich unterhalb des Betrages in Höhe von 50 Euro, der vom europäischen Gesetzgeber vorgesehen wurde. Unseres Erachtens ist dieser Schritt unverhältnismäßig und schränkt den Einsatz risikoarmer E-Geld-Produkte für Verbraucherinnen und Verbraucher in beträchtlicher Weise ein, ohne dabei das tatsächliche Risiko jener E-Geld-Produkte zu berücksichtigen.

Die Gesetzesbegründung verweist darauf, dass der Schwellenwert „[i]m Rahmen des Gleichlaufs mit der bereits bestehenden Regelung, die auf einer entsprechenden Risikobewertung beruht, […] auf 20 Euro pro Transaktion festgesetzt“ wird. Das Transaktionslimit für Fernzahlungsvorgänge ist allerdings ein vom europäischen Gesetzgeber gänzlich neu eingeführtes Kriterium. Insofern gibt es keine bestehende Regelung zu diesem Themenbereich, mit der ein Gleichlauf hergestellt werden könnte. Es ist für uns nicht erkenntlich, dass auf nationaler Ebene eine faktenbasierte Risikoanalyse des neu eingeführten Transaktionslimits für Fernzahlungsvorgänge in Höhe von 50 Euro durchgeführt wurde, die eine derartige Senkung des Maximalbetrages rechtfertigen würde. Auch im Sinne des risikobasierten Ansatzes sollte ein Abweichen hiervon daher nicht ohne fundierte und evidenzbasierte Risikoanalyse dieser speziellen Vorgabe stattfinden.

Dieser Schwellenwert ist für zahlreiche Marktteilnehmer der E-Geld-Branche von elementarer Bedeutung, um die Attraktivität der Produkte im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zu erhalten. Auch steht eine Senkung des Betrages unseres Erachtens nicht im Einklang mit dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Vorhaben, digitale Bezahlsysteme zu fördern, da sie die Nutzung ebensolcher in einer Weise einschränkt, die von der europäischen Regulierung nicht gefordert ist.

Darüber hinaus sind die Kriterien, die zur Inanspruchnahme der in § 25i Absatz 2 KWG umgesetzten Ausnahmeregelung in Bezug auf E-Geld vorliegen müssen, bereits heute sowohl auf EU-Ebene als auch vom deutschen Gesetzgeber sehr restriktiv gefasst, um den missbräuchlichen Gebrauch von E-Geld-Produkten zu unterbinden. Lediglich Produkte, die sich innerhalb dieser eng gesetzten Grenzen bewegen, können überhaupt von der Ausnahme von der Erfüllung der Sorgfaltspflichten profitieren.

Auch lässt der aktuelle Referentenentwurf unseres Erachtens die risikomindernden Maßnahmen der E-Geld-Emittenten außer Acht. Transaktionen mit E-Geld sind aufgrund der Verfügbarkeit von detaillierten Transaktionsdatensätzen sehr gut nachvollziehbar. Alle E-Geld Produkte hinterlassen automatisch einen elektronischen Fußabdruck, was beispielsweise beim Einsatz von Bargeld nicht der Fall ist. Das ermöglicht das Erfassen und die Analyse jeder einzelnen Transaktion.

Das Transaktionsmonitoring der E-Geld-Emittenten hat sich stetig weiterentwickelt und nutzt heute modernste Technologien, um verdächtige Transaktionen in Echtzeit aufzuspüren und zu unterbinden. Zum engmaschigen Transaktionsmonitoring zählen unter anderem:

  • die Erhebung von Ort und Zeit der Ausgabe sowie Einlösung des E-Geld-Produktes, sodass der gesamte Kreislauf des Produktes überwacht werden kann,
  • sog. device identifiers zur Geräteerkennung des benutzten Endgerätes,
  • die Feststellung von bestimmten Ausgabeverhalten bzw. -mustern auf Basis der Transaktionshistorie von bestimmten Endgeräten sowie
  • die Erhebung von IP-Adressen im Fall von online-Zahlungen.

Diese „unique identifiers“ erlauben es, Transaktionen einer Person zuordenbar zu machen, selbst wenn das E-Geld-Produkt ohne vorherige Kundenidentifizierung ausgegeben wurde. E-Geld-Produkte sind in der Regel für einen spezifischen Nutzen im Internet konzipiert, sodass auffällige Verhaltensmuster, die außerhalb des erwarteten Nutzens liegen, sehr gut festgestellt werden können. Darüber hinaus helfen neueste Technologien wie Artificial Intelligence und Predictive Modelling dabei, das Transaktionsmonitoring der Emittenten stetig weiter zu verbessern.

Zusätzlich können Informationen bei Händlern und gegebenenfalls Verkaufsstellen abgefragt werden, um weitere Erkenntnisse einzuholen. Schlussendlich kommen Emittenten selbstverständlich ihren Pflichten zum Melden verdächtiger Transaktionen nach.

2. Keine Einbeziehung von E-Geld-Agenten und E-Geld-Vertriebsstellen als geldwäscherechtlich Verpflichtete

Das deutsche Geldwäschegesetz (GwG) führte mit dem E-Geld-Agenten und der E-Geld-Vertriebsstelle zwei Kategorien geldwäscherechtlich Verpflichteter ein, die auf europäischer Ebene nicht existieren. Dieser Verpflichtetenkreis schließt E-Geld-Distributoren (Großhändler wie Lekkerland) sowie Endverkaufsstellen (Point of Sale (POS), wie Kioske oder Tankstellen) ein und stellt neben der gleichzeitigen Verpflichtung der E-Geld-Emittenten eine aus unserer Sicht nicht notwendige Doppelverpflichtung dar, die mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand verbunden ist.

Dieser Regelungsansatz geht über die europäischen Vorgaben hinaus, denn eine Verpflichtung der E-Geld-Agenten und der E-Geld-Vertriebsstellen wird weder von der 4. Geldwäscherichtlinie (4AMLD) noch von den jetzt umzusetzenden Änderungen der 4AMLD gefordert. Er ist zur Erreichung der politischen Ziele auch nicht notwendig. Im Verlauf des legislativen Prozesses der 5AMLD wurde vom Europäischen Parlament die Ergänzung des Kreises der geldwäscherechtlich Verpflichteten gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 um „E-Geld-Distributoren“ vorgeschlagen. Im weiteren Verlauf des Trilog-Prozesses wurde dieser Ergänzungsvorschlag jedoch als unverhältnismäßig kostenintensiv und kaum praktikabel erkannt und entsprechend nicht in den finalen Richtlinientext übernommen.

Die bereits vor der Verabschiedung der 4. Geldwäscherichtlinie erfolgte Einbeziehung der E-Geld-Agenten und der E-Geld-Vertriebsstellen in den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten nach dem GwG sollte verhindern, dass E-Geld-Emittenten aus dem EU-Ausland in Deutschland E-Geld-Produkte vertreiben, die hinter dem hier geltenden Schutzniveau zurückbleiben. Der aktuelle Referentenentwurf sieht in Artikel 1 Absatz 3 a) bb) nun aber vor, § 2 Absatz 1 Nummer 4 GwG dahingehend zu ergänzen, dass auch jene im europäischen Wirtschaftsraum autorisierte E-Geld- und Zahlungsinstitute nach deutschem Recht verpflichtet sind, die aufgrund ihrer Zusammenarbeit mit im Inland ansässigen Distributoren als in Deutschland niedergelassen gelten. Die zusätzliche Verpflichtung der E-Geld-Agenten und E-Geld-Vertriebsstellen ist jedenfalls aus diesem Grund obsolet geworden. Es ist nicht ersichtlich, warum bei dem Vertrieb von E-Geld zwei unterschiedliche Verpflichtete dieselben geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten einhalten müssen, bei anderen Finanzprodukten, die für Zwecke der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nach unserer Wahrnehmung „besser“ genutzt werden (z. B. Girokonten), hingegen nur ein Verpflichteter ausreicht. Mit der in dem Gesetzesentwurf vorgesehenen Doppelbeaufsichtigung wird E-Geld gegenüber anderen Finanzprodukten in ungerechtfertigter Weise benachteiligt.

Der Umstand, dass eine Doppelbeaufsichtigung für E-Geld nicht zu rechtfertigen ist, gilt umso mehr, da durch die 5AMLD die strengen Rahmenbedingungen für „anonyme“ E-Geld-Produkte zusätzlich weiter verschärft werden, die dem in Deutschland implementierten hohen Schutzniveau entsprechen. Dies schafft ein einheitliches Schutzniveau auf EU-Ebene, ohne den Vertriebspartnern der E-Geld-Emittenten in Deutschland unverhältnismäßige Pflichten aufzuerlegen, die keinen erkennbaren Mehrwert zur Zielerreichung beitragen. Auch durch diese zusätzliche europaweite Harmonisierung erscheint ein Festhalten an dem Sonderregime für E-Geld-Agenten und E-Geld-Vertriebsstellen nicht mehr sachgemäß.

Darüber hinaus sind ausschließlich an der Distribution beteiligte E-Geld-Agenten und E-Geld-Vertriebsstellen nicht an der Ausführung von Zahlungsvorgängen beteiligt. Sie stellen in erster Linie die technische Infrastruktur für den Vertrieb der Produkte zur Verfügung und sind nicht in die internen Abläufe des Emittenten eingebunden, dessen alleinige Verantwortung die Sicherstellung der geldwäscherechtlichen Pflichten sein sollte.

Der PVD spricht sich daher nachdrücklich dafür aus, das Sonderregime des E-Geld-Agenten und der E-Geld-Vertriebsstelle abzuschaffen und die betreffenden Sätze in den Paragraphen § 2 Abs. 1 Nr. 4 GwG und § 2 Abs. 1 Nr. 5 GwG ersatzlos zu streichen. Diese Angleichung bzw. Harmonisierung an EU-Recht entspricht außerdem dem Koalitionsvertrag, wonach die Bundesregierung eine eins-zu-eins Umsetzung der europäischen Vorgaben ohne zusätzliche bürokratische Belastungen auf nationaler Ebene anstrebt.

3. Anpassung der Schwellenwerte bei Ausgabe und Rücktausch von E-Geld gemäß § 25i KWG

Die Schwellenwerte für den Verzicht der Sorgfaltspflichten nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 betragen für die E-Geld-Emittenten derzeit gemäß § 25i Abs. 2 KWG:

  • 100 Euro monatliche Begrenzung der Zahlungsvorgänge (für nicht wieder aufladbare Zahlungsinstrumente bzw. für wieder aufladbare Instrumente, die nur im Inland eingesetzt werden können)
  • 100 Euro als maximaler Speicherbetrag
  • 20 Euro als maximaler Rücktauschbetrag durch Barauszahlung

Die 5. Geldwäscherichtlinie sieht höhere Schwellenwerte vor: 150 Euro (statt 100 Euro für die oben unter 1 und 2 genannten Werte) bzw. 50 Euro für den unter 3 genannten Schwellenwert. Im Sinne der europäischen Harmonisierung befürwortet der PVD eine Anpassung der oben genannten Schwellenwerte für risikoarme E-Geld-Produkte an die entsprechenden Werte gemäß der 5AMLD.

4. Klarstellung des Begriffs „Fernzahlungsvorgang“ bzw. Begrenzung auf Internet-Zahlungen

Der in der 5AMLD verabschiedete neue Schwellenwert für Fernzahlungsvorgänge in Höhe von 50 Euro pro Transaktion (Art. 1 Abs. 17) bezieht sich auf die Definition eines Fernzahlungsvorgangs gemäß Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie (EU) 2015/2366: „Zahlungsvorgang, der über das Internet oder mittels eines Geräts, das für die Fernkommunikation verwendet werden kann, ausgelöst wird.“ Der Wortlaut dieser Definition wurde im ZAG unverändert übernommen (§ 1 Abs. 19 ZAG).

Trotz der Bedeutung von Fernzahlungsvorgängen als Tatbestandsvoraussetzung für die Anforderung einer starken Kundenauthentifizierung gemäß § 55 ZAG wurde der Begriff weder von der EBA (im Rahmen der Festlegung der Regulatory Technical Standards zu Strong Customer Authentication) noch von der BaFin bislang eindeutig spezifiziert.

Aufgrund der gesetzlichen Definition könnte z. B. eine Prepaid-Karte, mit der der Karteninhaber kontaktlose Zahlungen an einer Ladenkasse durchführen kann, als ein „Gerät, das für Fernkommunikation verwendet werden kann“ aufgefasst werden. Das gleiche gilt für eine mobile Zahlung an der Ladenkasse per Smartphone, in der ein auf E-Geld basierendes Zahlungsinstrument in einer Zahlungsapplikation digital gespeichert ist. Die unklare Definition eines Zahlungsvorgangs kann demnach dazu führen, dass auch Zahlungsvorgänge an der Ladenkasse (Face-to-Face) von dem Schwellenwert (50 Euro pro Transaktion) betroffen sind. In der Begründung für das Gesetz Umsetzung der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie (Bundestagsdrucksache 18/11495) erwähnt die Bundesregierung ausdrücklich die Möglichkeit, dass auch eine Zahlung am physischen POS als Fernzahlungsvorgang eingestuft werden kann (S. 140). Leider verzichtet die Begründung an dieser Stelle auf die Nennung von Kriterien und Voraussetzungen, wonach eine POS-Zahlung als Fernzahlungsvorgang klassifiziert werden soll. Daraus resultiert die Gefahr, dass Zahlungen am physischen POS, die mittels Mobiltelefonen vorgenommen werden (z. B. Kontaktloszahlungen mittels der NFC-Technologie oder QR-Codes) als Fernzahlungsvorgänge im Sinne von § 25i Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KWG n.F. angesehen werden und für „anonyme“ E-Geld-Produkte entsprechend limitiert werden müssen.

Diese denkbare, aber wohl unbeabsichtigte Folge steht im klaren Widerspruch zu der Intention der 5AMLD, nach der nur Internetzahlungen im Fernabsatz von der Einschränkung betroffen sein sollen. Vor diesem Hintergrund plädiert der PVD dafür, in der Gesetzesbegründung klarzustellen, dass Zahlungen am POS keine Fernzahlungsvorgänge im Sinne von § 25i Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 KWG sind, unabhängig von dem Nutzermedium, das zum Auslösen des Zahlungsvorgangs verwendet wird.

5. Klarstellung des Begriffs „virtuelle Währung“

Wir begrüßen ausdrücklich die Klarstellung in Bezug auf die Definition von „virtuellen Währungen“ bzw. Kryptowerten in Artikel 2 Absatz 1 b) bb), wonach E-Geld und monetäre Werte, die auf Instrumenten im Sinne des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes gespeichert sind, sowie elektronische Gutscheine, die in einem Zwei-Parteiensystem herausgegeben werden, keine Kryptowerte sind.